Jahresrückblick 2023
2023 war kein einfaches Jahr für Menschen auf der Flucht und ihre Unterstützer:innen, doch wir packten kräftig an und schickten 26 Hilfstransporte mit über 5.000 Kartons voller Hilfsgütern zu notleidenden Menschen an den Rändern Europas. Darunter waren allein 9.000 Paar Schuhe, die immer dringend gebraucht werden, und ein ganzes Blockheizkraftwerk für 1.500 Menschen in der Ukraine.
Wir waren in 10 Ländern aktiv, vom syrischen Erdbebengebiet bis zur französischen Kanalküste, und versorgten vom Hunger bedrohte Geflüchtete für über 80.000 € mit Lebensmitteln.
Wir engagierten uns auch laut für Menschenrechte und ganz besonders gegen die faktische Abschaffung des Rechts auf Asyl.
Seht euch die Bilder unseres Jahres 2023 an! Zwölf Highlights aus zwölf bewegenden Monaten, so vielfältig wie unser Engagement für Menschen auf der Flucht.
JANUAR | Wärme für die Ukraine
Nicht mehr nur einen Generator, nein, Wir packen’s an schickt ein ganzes Kraftwerk zu den frierenden Menschen in die Ukraine.
Nach einem Interview mit unserem Axel bei radioeins erhielten wir einen Anruf von der Agentur Yuguna. Sie boten uns ein Blockheizkraftwerk als Spende an, welches neu ca. 50.000 € kostet!
Ein Blockheizkraftwerk bedeutet, dass die Strom- und Wärmeversorgung kompakt in einem Standardcontainer integriert ist.
Nach einigen logistischen Herausforderungen steht das Blockheizkraftwerk nun in der Khmelnitsky Region und versorgt etwa 1.500 Menschen mit Strom und Wärme – darunter ein Krankenhaus, ein Kindergarten, medizinische Einrichtungen und Schulen.
Wir sind unglaublich dankbar und möchten der Agentur Yuguna ein riesiges Dankeschön aussprechen!
FEBRUAR | Nothilfe im Erdbebengebiet
Als wir am 06.02.23 die schrecklichen Bilder des Erdbebens in der Türkei und in Syrien sahen, waren wir – wie alle – erschüttert.
Das Ausmaß der Verwüstungen, die das Beben hinterlassen hatte, war unvorstellbar.
In Zusammenarbeit mit dem türkischen Verein „Ankara Abisi“ organisierten wir einen großen LKW, der Lebensmittel für 20.000 Mahlzeiten, Hygienartikel, Unterwäsche und Socken im Wert von 26.000 € nach Adiyaman in den Südosten der Türkei brachte.
Wir setzten alle Hebel in Bewegung, um auch humanitäre Nothilfe nach Syrien liefern zu können. Gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen arrangierten wir einen Konvoi, der dringend benötige Hilfsgüter in den abgeschnittenen Norden Syriens brachte. Ein Hilfstruck wurde komplett von Wir packen’s an im Wert von 30.000 € finanziert.
Es war herzergreifend zu sehen, wie Menschen zusammenkommen, um anderen in Not zu helfen – zu sehen, wie groß die Solidarität sein kann.
Foto: Paruar Bako
MÄRZ | Sommersammelaktion
Gemeinsam packen wir an und rufen erneut zu Sachspenden für unsere Sommersammelaktion auf!
Die Lage an den europäischen Außengrenze ist äußerst angespannt. Geflüchteten wird mit Gewalt, Zerstörungen und Schikanen durch den Grenzschutz unmissverständlich signalisiert: Ihr seid hier nicht willkommen.
Doch wir schauen nicht tatenlos dabei zu und unterstützen weiterhin Menschen auf der Flucht. Mit euren Spenden zeigen wir ein anderes Gesicht als das der europäischen Politik.
Wir stehen für eine solidarische und offene Gesellschaft in der alle Menschen Platz haben, die vor Krieg, Unterdrückung und Leid fliehen.
APRIL | Unser eigener Podcast
Im April erschien unser erster selbst produzierter Podcast!
Seitdem sprechen wir einmal im Monat mit wechselnden Gesprächspartner:innen über Menschen, die fliehen und über Menschen, die sie unterstützen.
Es kamen Expert* innen zu Wort, wie die Journalistin Franziska Grillmeier („Die Flüchtlingskrise ist eine Krise für die Geflüchteten“), aber auch Aktivist:innen und betroffene Menschen wie Ahmad Abdulhai der 2016 aus Idlib in Syrien fliehen musste.
Wir befassen uns mit den verschiedenen Einsatzgebieten von „Wir packen’s an“, aber auch mit sehr persönlichen Geschichten, wie der aussergewöhnlichen Lebensgeschichte von Zahra Yaqubi. Auch diskutieren wir Themen, die uns in Brandenburg bewegen, wie das geplante Abschiebezentrum am Flughafen BER.
MAI | Nothilfe für Lesbos
Wir erhielten einen erschreckenden Hilferuf! Die Lebensmittel- und Wasserzuteilung für Asylberechtigte und negativ beschiedene Asylwerber:innen auf Lesbos wurde abrupt gestoppt, betroffen waren 577 Menschen, darunter viele Ältere und Kinder!
Menschen hungern lassen in Europa?
Angesichts der erneuten humanitären Notlage stand außer Frage, dass wir umgehend und ohne bürokratische Hürden Unterstützung leisten würden, damit die betroffenen Menschen Zugang zu Nahrung erhalten. Mit 5.000 € aus unserem Nothilfefond, konnten schnell Lebensmittel für die Betroffenen erworben und die Essensversorgung für die nächsten drei Monate gesichert werden.
Dank unserer guten Verbindungen arbeiten wir seitdem mit Doro Blancke und ihrer Organisation zusammen, die direkt vor Ort auf Lesbos aktiv sind.
JUNI | Nein zu GEAS!
Nein zum Begräbnis des Rechts auf Asyl!
Am 8. Juni 2023 beschlossen die EU-Innenministerinnen die umstrittene GEAS-Reform umzusetzen. Anlässlich des Weltgeflüchtetentages am 20. Juni setzten wir gemeinsam mit anderen Organisationen, ein Zeichen gegen die Asylpolitik. Unter dem Motto “Es ist 5 vor 12 für die Menschenrechte” zog eine in schwarz gekleidete Trauergemeinde mit Särgen zum Bundestag und während Namen von Menschen vorgelesen wurden, die an den EU-Außengrenzen sterben mussten, machten wir rote Handabdrücke auf die Sterne der EU-Flagge.
Damit appellierten wir an die Politik der Reform entgegenzutreten, nicht zu Totengräber:innen des Rechts auf Asyl zu werden und das Sterben zu stoppen.
Die EU-Außengrenzen sind bereits rechtsfreie Räume, geprägt von Gewalt, Pushbacks und Inhaftierung. Durch die GEAS-Reform drohen in der Zukunft Haftlagern und Abschiebungen in Drittstaaten.
JULI | Tragödie im Mittelmeer
Das Bootsunglück vor Pylos mit etwa 600 Todesopfern, darunter fast 100 Kinder, ist eines der größten Schiffsunglücke des Mittelmeers.
Das Bild der 104 Überlebenden, eingesperrt hinter Gittern nach diesem unfassbaren Drama, ohne die Möglichkeit, ihre Angehörigen zu treffen, ging um die Welt. Einige trugen noch immer die Kleidung, in der sie gerettet wurden.
Dank eurer großzügiger Spenden konnten wir sofort mit 1.000 € unterstützen und in Zusammenarbeit mit dem Hope Cafe in Athen einigen der Überlebenden (Foto) helfen. Mit dem Geld wurden Sommerkleidung, Schuhe, Küchenutensilien, Besteck und Lebensmitteln gekauft. Zusätzlich unterstützen wir das Hope Café monatlich, um Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu erwerben.
Wir wünschen den überlebenden Opfern des Bootsunglücks alles erdenkliche Gute und Kraft auf ihrem Weg der Heilung und des Neuanfangs. Ihr seid nicht allein!
AUGUST | Unterstützung in Calais
Im Sommer nahmen die Massenräumungen in Nordfrankreich deutlich zu, was zu einer großen Knappheit an Hilfsgütern in den Lagern unserer Partnerorganisationen führte.
Bei den Räumungen werden Hunderte von Geflüchteten früh morgens ohne Vorwarnung gewaltsam ihrer wenigen Habseligkeiten und Schlafplätze beraubt. Besonders für Kinder sind solche feindseligen Räumungen traumatisch.
Glücklicherweise konnten Cordi und Kai rechtzeitig mit dem Transporter eure dringend benötigten Spenden zu Geflüchteten bringen.
„Die Situation hier ist wirklich erschütternd. Es zeigt sich deutlich, wie dringend Hilfe gebraucht wird,“ berichtet unsere Cordi.
Danke an alle, die diese Lieferung mit ihren Spenden möglich gemacht haben!
SEPTEMBER | #MyKiezCares
Im September fand unsere erste #MyKiezCares Spendentour in Berlin statt!
Anders als sonst, sind nicht die Menschen zu uns gekommen, sondern wir zu den Menschen.
Gemeinsam mit ROSA – Rollingsafespace, Project Elpida und LeaveNoOneBehind, sammelten wir dringend benötigte Sachspenden. Einen ganzen Tag lang nahmen wir Spenden in Neukölln, Schöneberg, Mitte, Wedding, Prenzlauer Berg, Kreuzberg sowie Friedrichshain entgegen.
Die Masse an Spenden, hat unsere Erwartungen bei weitem übertroffen! Insgesamt konnten wir vier komplette LKW-Ladungen mit Kleidung, Schuhen und Hygieneprodukten ersammeln und damit unsere Lagerbestände reichlich füllen.
Im Frühjahr 2024 wollen wir die Aktion wiederholen und freuen uns schon auf’s Anpacken!
OKTOBER | “Wege ins Exil”
Im Herbst fanden in Berlin erstmalig die „Tage des Exils“ statt – mit verschiedenen Veranstaltungen wurde das Thema Exil besprochen und reflektiert.
Wir packen’s an beteiligte sich mit einer Diskussionsveranstaltung am 3. Oktober. Mit Gedenken an den Mauerfall wurde über die gegenwärtigen Mauern in und um Europa gesprochen. Wollen Fliehende diese überwinden, wird ihnen mit Unmenschlichkeit und Brutalität begegnet. Dabei ist ihr Verlangen nur allzu verständlich: Sicherheit zu finden.
Moderiert von der Journalistin Franziska Grillmeier hatten Roudy Ali, Muhannad Taha und Tareq Alaows die Möglichkeit über ihre persönlichen Erfahrungen auf der Flucht zu berichten und zu teilen, wie sie das Ankommen in Deutschland erlebt haben. WPA-Mitglied Lisa Burger sprach über die unmenschlichen Lebensbedingungen an den Zwischenstationen in Europa – dort wo Flüchtende auf ihrem Weg oft Monate bis Jahre hängen bleiben und genau dort, wo WPA sie unterstützt.
Foto: Sebastian Schmidt
NOVEMBER | Einsatz in Griechenland
Die Vereinsmitglieder Sabine und Fabian machten sich auf den Weg nach Griechenland, um persönlich dort die Lage vor Ort zu erkunden, sowie langjährige Partner:innen zu besuchen.
Ihr Weg führte sie nach Athen ins Hope Café und in den Khora Freeshop, zu Wave nach Thessaloniki und ins Parea Community Center auf Lesbos, wo unsere Partnerorganisationen LeaveNoOneBehind und Doro Blancke arbeiten.
„Die Lage ist ernst. Sehr ernst,“ fasst Fabian seine Eindrücke zusammen. Selbst mit Asylstatus verlieren Menschen jegliche staatliche Unterstützung.“
Auf dieser Reise wurde einmal mehr klar wie wichtig unsere Arbeit ist und wie unmenschlich die Bedingungen für Menschen auf der Flucht in Europa sind.
DEZEMBER | Wintertransporte
Auch in diesem Winter sorgen wir uns um all jene, die ihre Heimat verlassen mussten und nun in Europa in einer unvorstellbaren Kälte, sowohl physisch als auch emotional und psychisch, gestrandet sind.
Mit unseren ersten Wintertransporten begleiten wir Menschen auf der Flucht durch den Winter. Dank eurer großzügigen Spenden schicken wir über 40 Paletten voll mit warmer Winterkleidung und dringend benötigte Hygieneprodukte ins Grenzgebiet nach Polen-Belarus, Calais, Dunkirk und nach Griechenland.
Helft uns weiter gegen die Kälte in den Herzen anzukämpfen. Lasst es nicht zu, dass diese anhaltende Grausamkeit zur Normalität wird. Wir empören uns, aber ohne uns vom Leid lähmen zu lassen.
Foto: Enzo Leclercq
Vor vier Jahren starteten wir unseren ersten Sammelaufruf, und seitdem haben wir viel bewegt und viel hingekriegt – viel mehr, als wir jemals für möglich gehalten hätten.
Doch zum ersten Mal seit vier Jahren fällt es schwer, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Dieses Jahr hat es sich mehr denn je angefühlt wie ein Kampf gegen Windmühlen: Die politische Diskussion, die gesellschaftliche Stimmung und das Desinteresse der Medien sind ein kräftiger Gegenwind, der uns dabei ins Gesicht bläst.
Um weiter zu machen brauchen wir eure Unterstützung, denn: Nichts tun ist wirklich keine Alternative!
Wir möchten allen herzlich danken, die uns in diesem Jahr dabei unterstützt haben, Menschen auf der Flucht beizustehen. Lasst es nicht zu, dass diese anhaltende Grausamkeit zur Normalität wird. Wir empören uns, aber ohne uns vom Leid lähmen zu lassen. Wir packen’s an und unterstützen, wo immer es nötig ist!
Sei dabei und unterstütze unsere Arbeit für Menschen auf der Flucht: Mit einer Dauerspende als Helfende Hand, als Anpacker:in, mit einer einmaligen Spende oder mit Sachspenden.