Wir packen’s an in Moldau: Solidarität und Überforderung der Behörden und Freiwilligen

Foto: Ben Owen-Browne

Große Not in der kleinen Republik Moldau

Nachdem wir drei Tage lang nonstop gefahren waren und es irgendwie geschafft hatten, die schneebedeckten Berge in Transsilvanien und die bürokratische rumänisch-moldawische Grenze zu überqueren, konnten wir es kaum erwarten, unseren LKW auszuladen. Die ersten Kartons gingen dann auch gleich an 200 Geflüchtete aus der Ukraine, die im gleichen Gebäude untergebracht waren wie wir.

Wie die meisten Menschen, die aus der Ukraine fliehen, waren fast alle Gäste Frauen oder Kinder. Daher waren die Freiwilligen nicht nur glücklich, zahlreiche Lebensmittel zu erhalten, um ihre Vorräte aufzufüllen. Vor allem freuten sie sich auch über die vielen Windeln, das Milchpulver und die Hygieneartikel für Frauen, die wir dabei hatten.

„Wir können hier wirklich helfen und zwar genau an einer Stelle, die in diesem ganzen Konflikt vollkommen vergessen wird.“, sagte unser Vereinsvorsitzender Andreas nach dem ersten Tag vor Ort, an dem wir einige Stationen besuchten.

1. Station: Wir treffen Angela, engagierte Aktivistin einer ansässigen NGO. Wir möchten Kontakte knüpfen und erfahren, wo unsere Hilfe benötigt wird. Angela berichtet uns von der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung Moldaus, obwohl die allermeisten Menschen selber wenig haben.

2. Station: Wir fahren in das von der Regierung zur Versorgung bereitgestellte Lagerhaus, um dort unsere Hilfsgüter abzuliefern. Das Lagerhaus ist groß, etwa 3.000qm, aber bisher noch sehr spärlich gefüllt. Zwei Duzend junge Freiwillige helfen uns, den LKW auszuladen.

3. Station: Weiter geht‘s zum Regierungsgebäude, um dort Verantwortliche des Krisenstabs zu treffen. Wir erfahren viel über die extreme Überforderung des Landes: Moldau hat 2 Millionen Einwohner:innen und jetzt schon über 100.000 Geflüchtete zu versorgen. 60% der angekommenen Menschen wurden in Privathaushalten untergebracht und das in einem der ärmsten Länder Europas. Der Bedarf an Hilfsgütern, insbesondere an Lebensmitteln, Hygieneartikeln und allem was zum Schlafen benötigt wird, ist gigantisch. Ein Glück, dass wir uns schon seit Tagen um genau diese Dinge kümmern. 

4. Marianna, die Chefin des Krisenstabs, ermöglicht uns, zwei Sammellager zu besuchen. Die erste Unterkunft, eine große Turnhalle, ist ausschließlich für Rom:nja. Nebeneinander sind Campingliegen aufgebaut. Die zweite Beherbergung befindet sich in einer Universität. Ein Parlamentsmitglied, das die Unterkunft leitet, begleitet uns. Die Verhältnisse hier sind noch etwas schlechter. Vor Ort ist auch der Botschafter Aserbaidschans, der uns über die speziellen Umstände seiner Landsleute unterrichtet: Nicht wenige Menschen von dort sind in die Ukraine vor dem Krieg in Aserbaidschan geflohen und wurden in diesem Krieg erneut zu Flüchtenden. Besonders prekär in dieser Unterkunft ist die Hygienesituation. Es besteht ein großer Wunsch nach mobilen Duschen. Wir überlegen bereits, wie unser Verein bei der Beschaffung unterstützen kann.

Was uns besonders im Gedächtnis geblieben ist, ist ein Gedanke einer Mitarbeiterin des Krisenstabs: „Viele werden auch hierbleiben. Insbesondere diejenigen, die zum Schluss kommen, haben wahrscheinlich weniger Chancen in die EU einzureisen, da sie keine Familie dort haben oder Geld, um das zu finanzieren. Die Aufnahmekapazitäten werden irgendwann erschöpft sein.“

/// Alle Fotos: Ben Owen-Browne ///