In der Sperrzone im polnisch-belarussischen Grenzgebiet ist es für die Menschen, die darin eingesperrt werden, eisig. Der Grenzzaun ragt wie gehabt fünf Meter hoch in den Himmel und sendet mit seinem Stacheldraht eine tödliche Drohung an alle, die ihn überqueren möchten. Gefangen gehalten durch politisches Kalkül und die Festung Europa sind Menschen auf der Flucht in die EU der klirrenden Kälte ausgeliefert. Ohne Trinkwasser, dafür mit feuchten Schuhen, in denen sich die Haut von den aufgequollenen Füßen schält.
Den Winter ohne ein schützendes Dach, wärmende Decken, feste Schuhe und Winterjacken aushalten zu müssen und dabei nicht einmal ausreichend mit Essen und Trinkwasser versorgt zu sein, bedeutet für viele Menschen der Tod.
Ende Oktober traten Fabian und Sabine deshalb, mit dringend benötigten Hilfsgütern im Gepäck, ihre Einsatzreise nach Polen an. Um sich einen Überblick von der dramatischen Situation Flüchtender zu verschaffen, sprachen die beiden mit einer Anwohnerin nahe Białystok. Seit 2021 versucht sie aus eigener Kraft die Überlebenschancen der Schutzsuchenden vor Ort zu erhöhen. Einmal fand sie im Wald den leblosen Körper eines Menschen, der auf der Flucht nach Europa abgewiesen wurde.
Für die Bevölkerung ist es aufgrund der Allgegenwärtigkeit der humanitären Katastrophe schlichtweg unmöglich, sich der Situation zu entziehen. Doch das bedeutet nicht, das sich alle dafür entscheiden, Unterstützung zu leisten. Einige, die Geflüchteten mit Hass begegnen, arbeiten bei der Grenzpolizei und gehen mit brutaler Gewalt gegen Menschen vor, die Schutz in der EU suchen. Das Thema polarisiert und spaltet die Einwohner:innen in Polen, ähnlich wie in Deutschland auch.
Während ihres Aufenthaltes bei unseren Partnerorganisationen in Polen traf ein Notruf aus dem Grenzgebiet ein. Die polnischen Aktivisti sind stets auf Notfälle eingestellt und zögerten keine Sekunde. Routinemäßig waren sie die ganze Nacht unterwegs, um die Menschen, die den Anruf tätigten, in dem riesigen Wald zu finden. Dann wird alles getan, um das Schlimmste zu verhindern.
Neben lebensrettenden Sofortmaßnahmen verteilen unsere Verbündeten der Grupa Granica regulär warme Suppe und Tee in Thermoskannen an die völlig durchgefrorenen Menschen, die oft wochenlang an der EU-Außengrenze zu Polen festsitzen. Die Menschen fühlen sich alleine gelassen und sind deshalb dankbar für die kleine, aber wärmende Geste, die sie förmlich zum auftauen bringt, wie Fabian und Sabine berichten.
Im Gespräch mit den Aktivisti vor Ort erfuhren Fabian und Sabine von einer neuen Strategie der Grenzbeamten, um Menschen an der Einreise zu hindern. Es werden Zettel ausgehändigt, die deklarieren, dass die betroffene Person auf einen Asylantrag verzichtet und zu einer Unterschrift gedrängt. Dabei werden Menschen in einer Notsituation gezielt hinters Licht geführt, um sie in scheinbarer Einvernehmlichkeit abzuschieben. Um das zu verhindern, verteilen Aktivisti nun wiederrum Zettel mit einer ausdrücklichen Asylforderung an die Schutzsuchenden. Die Unterstützung von Menschen auf der Flucht bedeutet auch, sich ständig auf neue menschenverachtende Strategien von asylfeindlichen Politiken einzustellen.
Der Winter steht vor der Tür und die polnisch-belarussische Grenze wird weiter befestigt. Die rechtliche Situation aller, die sich für Solidarität statt Hetze gegenüber Flüchtenden im polnischen Grenzgebiet entscheiden, ist unklar. Aber davon dürfen wir uns nicht einschüchtern und aufhalten lassen!
Wir liefern weiter überlebenswichtige Sachgüter an die Grenze zu Belarus in Polen, wo sie von unseren ortsansässigen Partnerorganisationen verteilt werden. Als Beispiel ist der Freeshop in Warschau zu nennen, der von KIK betrieben wird. Er wird von Menschen aus dem dortigen Camp besucht und versendet außerdem Pakete an die Closed Center, also Einrichtungen, die nicht verlassen werden dürfen.
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