Derzeit durchziehen über 2.000 km feste Mauern und Zäune Europa – 2014 waren es noch 315 km.
Mit diesen Zahlen eröffnete Journalistin Franziska Grillmeier unsere Veranstaltung „Wege ins Exil“ am Tag der Deutschen Einheit, am 3. Oktober 2023, in der Alten Münze Berlin.
Auf dem beschwerlichen Weg nach Europa bleiben viele Geflüchtete Monate bis Jahre an Zwischenstationen vor den Grenzen Europas hängen. Dort befinden sie sich in einem Schwebezustand zwischen Heimat und Exil, zwischen geflüchtet, aber noch nicht angekommen sein. Die Zukunft ist unsicher, die Gegenwart ist geprägt durch stetiges Warten.
Moderiert von der Journalistin Franziska Grillmeier hören wir von Betroffenen und Helfer:innen von den Hürden der Flucht und ihren persönlichen Erfahrungen.
Während in Deutschland von ‚Invasion‘, Kontrollverlust und Aufnahmestopp die Rede ist, fragen wir: „Wo findet die eigentliche Krise statt? Wer erleidet denn wirklich Kontrollverlust?“ Für Schutzsuchende bedeutet Flucht vor allem Verlust von Mitspracherecht und Selbstbestimmung.
Roudy Ali teilt ihre Erfahrungen im Schwebezustand zwischen Heimat und Exil: „Auf der Flucht selbst denkt kaum jemand an die Zukunft in dem Land, in dem man Zuflucht sucht. Der Fokus liegt auf dem Überleben im Moment. Selbst nach Ankunft, hält vor allem das Gefühl der Unsicherheit noch lange an. Die Einteilung von Geflüchteten in zwei Klassen verstärkt dieses Gefühl. Wir möchten als Menschen wahrgenommen werden, als neue Mitglieder der deutschen Gesellschaft, die Ressourcen mitbringen und aktiv ihr Leben gestalten wollen.“
Tareq Alaows fordert eine Auseinandersetzung mit der Täter-Opfer-Umkehrung. Er fragt, warum nicht mehr gegen den allgegenwärtigen Rassismus in der Gesellschaft unternommen wird, der uns alle betrifft, anstatt grundlegende und gesetzlich verankerte Rechte für Menschen auf der Flucht einzuschränken.
Integration soll auf Gegenseitigkeit beruhen. Besonders inmitten des aktuellen toxischen Diskurses rund um Asyl und Migration, müssen wir für ein offenes und integratives Deutschland eintreten, in dem die Vielfalt geschätzt wird, und in dem alle Menschen die Möglichkeit haben, sich sicher und willkommen zu fühlen.
Wir sind dankbar für einen wunderbaren Abend und die interessanten Gespräche miteinander: Roudy Ali, Muhannad Taha, Tareq Alaows und Lisa Clara Burger.
DANKE an Franziska Grillmeier für die Moderation und Ali Hasan für die musikalische Begleitung, sowie Danke an unsere zahlreichen Besucher:innen für euer Kommen!
Eine Veranstaltung von Wir packen’s an – gefördert durch die Rosa-Luxemburg-Stiftung. Die Veranstaltung fand im Rahmen der „Tage des Exils Berlin“ statt. Eine Initiative der Körber-Stiftung in Kooperation mit der Stiftung Exilmuseum Berlin.
Fotos: Sebastian Schmidt