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„One in – One out“: Was steckt hinter dem UK-France Migrationsdeal?


Mitte 2025 vereinbarten der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer ein neues Pilotprojekt zur Migrationskontrolle – bekannt als der UK-France Deal. Der Deal trat am 5. August 2025 offiziell in Kraft und soll zunächst für elf Monate laufen. Sein zentrales Prinzip: „One in – One out“.

Doch was bedeutet das konkret – und was bedeutet es für Schutzsuchende?

Wie funktioniert der Deal?
Der Deal basiert auf einer 1:1-Regelung zwischen Großbritannien und Frankreich. Er sieht vor:
Wer mit einem kleinen Boot über den Ärmelkanal nach Großbritannien kommt, wird:

  • verhaftet
  • innerhalb von drei Tagen zur Rückführung angemeldet
  • und soll innerhalb von 14 Tagen nach Frankreich zurückgebracht werden

Im Gegenzug nimmt Großbritannien eine Person aus Frankreich auf, unter strengen Bedingungen:

  • keine vorherige irreguläre Einreise in die UK
  • Sicherheitsüberprüfung
  • reguläres Visaverfahren

Die Umsetzung ist jedoch umstritten. Bisher wurden nur wenige Menschen aufgenommen, da die Anforderungen sehr hoch sind. Die Menschen müssen formell in Frankreich registriert sein, Zugang zu stabilen Kommunikationswegen haben und müssen über gültige Ausweispapiere verfügen. NGOs kritisieren, dass viele Schutzsuchende von dem Verfahren ausgeschlossen sind.

Abschiebung statt Schutz?
Der Deal wird von der britischen Regierung als Schritt in Richtung „sicherer und legaler Fluchtwege“ dargestellt. In der Praxis bedeutet er jedoch vor allem: Abschreckung durch Abschiebung und Inhaftierung.

Schutzsuchende, die den Ärmelkanal überqueren, werden direkt nach Ankunft inhaftiert – nicht wegen einer Straftat, sondern allein wegen ihres Fluchtwegs. Die Rückführung erfolgt unabhängig davon, ob die Person in Frankreich Schutz oder Sicherheit erwartet.

Was zeigt die Realität?
2025 überquerten bisher mehr als 33.000 Menschen den Ärmelkanal – ein Anstieg von fast 50 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Gründe:

  • Seit dem Brexit ist Großbritannien nicht mehr Teil des Dublin-Systems.
  • Viele Menschen, deren Asylverfahren in der EU gescheitert ist oder die dort registriert wurden, sehen die UK als letzten Hoffnungsschimmer.
  • Der Deal bietet keine realistische Alternative, sondern schürt Unsicherheit und Angst.

Gewalt, Repression und Räumungen
Statt Sicherheit erleben Schutzsuchende an der französischen Küste zunehmend Repression: Die französische Polizei wird mit Millionen aus UK-Mitteln finanziert, um Überfahrten zu verhindern. NGOs berichten von täglichen Räumungen von Camps, auch in bisher eher verschonten Gebieten wie Dünkirchen. Menschen verlieren dabei regelmäßig ihr weniges Hab und Gut. NGOs und Medien werden gezielt von den Räumungen ferngehalten, Helfende werden eingeschüchtert und kriminalisiert.

Die tödliche Route
Die Route über den Ärmelkanal ist gefährlich und wird durch den Deal nicht sicherer: Mindestens 40 Menschen starben allein 2025, über 523 seit 1999.

Die Haupttodesursache auf dem Ärmelkanal: Ersticken und Zerquetschungen. Immer mehr Boote werden von der französischen Polizei zerstört. Aus Angst passieren die Abfahrten immer überhasteter und mehr Menschen drängen sich auf weniger Booten, was die Überfahrt extrem gefährlich macht.

Die schweren Lebensbedingungen, die täglichen Räumungen und die Unsicherheit vor Ort fördern zusätzlich die Gewalt innerhalb der Communities.

Kein Schutz, sondern Tauschgeschäft?
Die „One in – One out“-Regelung ist kein humanitärer Fortschritt, sondern ein politisches Tauschgeschäft auf dem Rücken schutzsuchender Menschen.

Was wäre, wenn Großbritannien es ernst meinte mit sicheren Fluchtwegen?
Dann gäbe es keine Deals, keine Mauern, keine Boote, sondern faire, transparente Aufnahmeverfahren und ein echtes Bekenntnis zur Solidarität.

Dass es geht, zeigen Aufnahmeverfahren für Ukrainer:innen – schnell, bürokratiearm, sicher.

Wir stehen solidarisch an der Seite der Menschen auf der Flucht.
In Calais unterstützen wir unter anderem das Refugee Women Center, das Babynahrung, Kleidung und Beratung für Mütter und Kinder bereitstellt.

Gemeinsam mit unserem Partner Mobile Refugee Support (MRS) stellen wir zudem Lebensmittelpakete bereit, mit denen geflüchtete Menschen wieder selbst kochen können – wann immer sie möchten und brauchen.

Unsere Haltung:
✊ Bewegungsfreiheit für alle!
✊ Flucht ist kein Verbrechen!
✊ Menschenrechte sind nicht verhandelbar!
✊ Jeder Mensch hat das Recht zu gehen, zu kommen und zu bleiben!

Abschreckung statt Schutz – auch in Großbritannien
Der Druck auf Schutzsuchende endet nicht mit ihrer Ankunft nach Großbritannien. Auch in der UK wächst die Gewalt. Menschen, die sich solidarisch mit Flüchtenden zeigen, werden zunehmend eingeschüchtert, bedroht und kriminalisiert. So verschicken rechte Gruppen Morddrohungen an Aktivist:innen. Auch Brandanschläge auf Asylunterkünfte häufen sich.

Der Zweck des Deals ist nicht, Menschen von gefährlichen Überfahrten abzuhalten – sondern sie am Ankommen zu hindern. Um jeden Preis.

Für sichere Fluchtwege – gegen Abschottung und Abschreckung!
Wenn aus Worten Taten werden, stehen wir nicht schweigend daneben.