
Am zweiten Verhandlungstag im Prozess gegen die sogenannte „Hajnówka Piątka“ (die Hajnówka Fünf) zeigte sich deutlich, was humanitäre Organisationen seit Beginn sagen: Es geht hier nicht nur um eine strafrechtliche Bewertung, sondern um eine gezielte Einschüchterung von Menschen, die Geflüchteten an der polnisch-belarussischen Grenze helfen.
Die fünf Helfer:innen versorgten im Wald einer Familie auf der Flucht aus dem Irak und einem Mann aus Ägypten, die zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Tage ohne Nahrung und Wasser unterwegs waren.
Ihnen in dieser Situation zu helfen, sagt Ewa Moroz-Keczyńska, eine der Angeklagten, sei für sie bis heute eine Selbstverständlichkeit: „Ich bin selbst Mutter. Ich weiß nicht, wer kein Mitgefühl hätte, wenn er eine Mutter mit krankem Kind sehen würde“, sagt sie. „Es Werte gibt, die man nie verletzen sollte und der Moment, in dem das Mitgefühl aufhört, ist der Anfang vom Ende.“
Der Prozess entwickelt sich mehr und mehr zu einem politischen Verfahren. Die Staatsanwaltschaft insinuiert Verbindungen zur Schleusung und sogar zum Menschenhandel, ohne konkrete Beweise zu liefern. Unterstützung und Solidarität mit den Angeklagten bleiben daher weiterhin unerlässlich.
Was am 2. Prozesstag geschah:
Zeugenaussagen: Zwei Grenzschützer und drei Anwohner:innen wurden befragt. Weitere Zeug:innen, darunter Geflüchtete, sollen noch folgen.
Zulassung rechter Organisationen als Verfahrensbeteiligte: Das Gericht ließ die ultrakonservativen Organisationen Ordo Iuris und Marsz Niepodległości („Unabhängigkeitsmarsch“) als sogenannte „soziale Seite“ im Verfahren zu – trotz des Einspruchs der Verteidigung.
Rückweisung des Antrags der Staatsanwaltschaft auf Rückgabe der Akten: Die Staatsanwaltschaft wollte die Akten zurück, um angeblich wichtige Beweise nachzureichen, konnte aber nicht konkret erklären, welche. Das Gericht lehnte ab.
Neue „Beweise“ der Staatsanwaltschaft – voller Spekulationen: Präsentiert wurde ein dicker Stapel an Dokumenten mit Chatverläufen und Sprachnachrichten, die aus einem Handy stammen sollen. Angeblich gehe es um Beweise für organisierte Schleusung gegen Geld – ohne klaren Bezug zu den Angeklagten oder zum Tag der Tat. Der Richter kritisierte die Unklarheit scharf und gab der Staatsanwaltschaft 14 Tage, um den Zusammenhang nachzuweisen.
Merkt euch den 14. Mai – am nächsten (und wohl letzten) Prozesstag soll die Beweisaufnahme abgeschlossen und die Schlussplädoyers gehalten werden – dann brauchen die „Piątka“ unsere Präsenz und Solidarität ganz besonders.
Was auf dem Spiel steht, ist weit mehr als das Schicksal von fünf Angeklagten. Es geht um die Frage, ob Hilfe kriminalisiert werden darf. Ob Solidarität an Grenzen enden muss. Und ob wir als Gesellschaft zulassen, dass Menschlichkeit vor Gericht steht.
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✊ Hilfe ist kein Verbrechen. Flucht ist kein Verbrechen!