Sehr geehrter Herr Lehmann,
Wir packen’s an e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, den wir vor über fünf Jahren in Bad Freienwalde gegründet haben. In ihm sind knapp 200 Mitglieder ehrenamtlich aktiv, vor zwei Jahren wurden wir mit dem „Band für Mut und Verständigung“ der Länder Brandenburg und Berlin für unser Engagement ausgezeichnet.
Als Bad Freienwalder Verein haben wir 2021 das Bündnis „Bad Freienwalde ist bunt“ mitgegründet. Bereits zum fünften Mal haben wir letzten Sonntag die alljährliche Kundgebung für Toleranz und Vielfalt auf dem Bad Freienwalder Marktplatz mitgestaltet. Seit ihrem Bestehen wurden diese Veranstaltungen von anscheinend Rechtsextremen beobachtet und von außen gestört.
Leider wurde dieses Jahr eine neue Dimension der Eskalation erreicht: Vermummte und bewaffnete Schläger stürmten das Veranstaltungsgelände, attackierten Stände wie den Kuchenverkauf einer Schulklasse und verbreiteten Angst und Schrecken. Aber nicht nur das: Eines unserer Vereinsmitglieder, unser stellvertretender Vorsitzender und Freund Heino, wurde tätlich angegriffen und verletzt. Das alles als Konsequenz einer „Störung“, wie Sie es bezeichnen, abzutun, halten wir für fahrlässig und gefährlich.
Ihre Einschätzung in der Presse irritiert und erschüttert uns sehr. Im Gegensatz zum Brandenburger Innenminister Herrn René Wilke, hielten Sie einen Besuch der Veranstaltung nicht für nötig. Uns ist auch nicht bekannt, dass sie mit jemandem gesprochen hätten, der oder die von diesem Angriff betroffen waren. Stattdessen sprechen Sie von „politischer Instrumentalisierung“ und „von den Medien aufgebauscht“.
Seit 2018 sind Sie Mitglied im Kreisverband der CDU Märkisch Oderland. Auf der Webseite des Kreisverbandes ist die Rede von der „Zukunftsregion Märkisch Oderland“, von „Lebenswert durch Sicherheit“ oder von der „… Stärkung des ehrenamtlichen Einsatzes (…) Das Gemeinschaftsgefühl für den Ort, das gemeinsame aktiv werden für die Heimat sind Aspekte, die wir besonders wichtig finden.“
Nichts davon können wir in Ihrem Verhalten oder in Ihrem Statement zu dem brutalen Überfall erkennen. Wo waren Sie, als es um ein Fest der Vielfalt auf Ihrem Marktplatz in Bad Freienwalde ging? Als Person Ralf Lehmann oder als CDU MOL? Warum haben Sie nicht den Versuch unternommen, die Geschädigten zu kontaktieren, ihre Berichte anzuhören und nach ihrem Befinden zu fragen? Warum unterstützen Sie nicht den ehrenamtlichen Einsatz für eine vielfältige, lebenswerte Stadt? Wie werden Sie in Zukunft für Sicherheit in Bad Freienwalde sorgen und darüber hinaus für politische freie Meinungsäußerung eintreten?
Wir möchten mit einem Zitat eines langjährigen und hochbetagten Vereinsmitglieds von „Wir packen’s an“ diesen Brief abschließen, der auf die Vorkommnisse eine E-Mail geschickt hat: „Was in Bad Freienwalde passiert, passiert Deutschland. Und bei diesem Thema werde ich ausnahmsweise ganz nationalistisch. Denn unsere deutsche grauenhafte rechtsradikale Vergangenheit sollte für uns Warnung sein, welche Verrohung gerade bei uns möglich ist.“
Wir würden dieses Thema gerne in einem persönlichen Gespräch vertiefen. Vielleicht kann auch die CDU Bad Freienwalde überlegen, wie sie zukünftige Veranstaltungen für ein buntes Bad Freienwalde unterstützen kann.
Mit freundlichen Grüßen,
der Vorstand von Wir packen’s an:
Martina Baumann, Heino Krumholz, Stefan Wolski, Sabine Engelberg, Anja Hofmann, Gerd Sander und Andreas Steinert