Bitte um Aufnahme aus dringenden humanitären Gründen:
Sehr geehrte Frau Baerbock, sehr geehrte Frau Dr. Kofler,
im Krankenhaus von Hajnówka in Polen liegt derzeit Marwa, eine junge Syrierin, welche auf den Weg in ein besseres Leben versuchte über die belarussische Grenze Deutschland zu erreichen, wo ihre Eltern und Geschwister bereits leben. Nach drei Tagen im Wald verlor sie das Bewusstsein. Glücklicherweise wurde sie ins Krankenhaus gebracht, wo sie sediert und künstlich beatmet werden musste. Über sechs Wochen kämpften die Ärzt:innen um das Leben dieser jungen Frau, bis sie endlich stabilisiert werden konnte. Zur Unterstützung ist sie immer noch intubiert und erhält ihre Nahrung über eine Sonde. Sie wird weiter medizinisch versorgt werden müssen, wenn sie aus dem Krankenhaus entlassen wird, und sie wird auf die Unterstützung von Anderen angewiesen sein.
Darum hat Wir packen’s an e.V. durch unsere Ehrenamtliche Juristin in Verbindung mit einer polnischen Anwältin einen Antrag auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Aufnahme aus dringenden humanitären Gründen bei der deutschen Botschaft in Warschau gestellt. Auf diesem Weg sollte die junge Frau die Möglichkeit erhalten, hier in Deutschland angemessen medizinisch versorgt und von ihren Eltern gepflegt zu werden. Der Antrag wurde vom Auswärtigen Amt abgelehnt, mit der Begründung, sie könne einen Antrag auf Familienzusammenführung im Rahmen eines Asylverfahrens zu ihren Eltern stellen.
Wir stellen uns die Frage, wie sich die Bundesrepublik Deutschland das vorstellt?
Ist dem Auswärtigen Amt nicht bekannt, dass erstens das Visumverfahren längere Zeit in Anspruch nehmen wird? Wo wird die junge Frau in dieser Zeit untergebracht werden? Es steht nämlich ernsthaft zu befürchten, dass sie, wie alle anderen Schutzsuchenden in Polen, in den geschlossenen Ausländerzentren inhaftiert wird. Die medizinische Versorgung ist dort generell schlecht. Wie soll diese junge Frau unter diesen Umständen dort überleben?
Zweitens sollte dem Auswärtigen Amt bekannt sein, dass Polen keine Anfrage zur Übernahme an Deutschland stellen muss. Wie dem Auswärtigen Amt bekannt sein dürfte, ist Polen derzeit weder gewillt ist, sich an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs noch an Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu halten. Welches Vertrauen besteht dann, dass Polen sich an die Vorgaben von Dublin III halten wird?
Es hat den Anschein, dass Deutschland wieder einmal die Aufnahme von Schutzsuchenden verhindern will, auch wenn es die Menschen in einer lebensbedrohlichen Lage zurück lässt. Wir hatten die Hoffnung, dass sich mit einer neuen Bundesregierung, insbesondere mit Ihnen Frau Baerbock und Frau Dr. Kofler, daran etwas ändern würde, wie es auch im Koalitionsvertrag angedeutet und teilweise beschrieben ist.
Im Beitrag des MDR im Magazin Exakt vom 8.12 ist die Frau ab 10:02 zu sehen. Hier ist der Link zur Sendung.
Wir bitten darum, umgehend tätig zu werden, um der Frau eine menschenwürdige und angemessene medizinische Behandlung zu ermöglichen. Nach der Ablehnung des Visums durch Ihre Behörde, sehen wir uns gezwungen, den Brief auch zu veröffentlichen.
Mit freundlichen Grüßen,
Axel Grafmanns, Geschäftsführender Vorstand